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Paradise on Earth – ein Besuch bei Oliver Scheuermann Frisuren

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Wenn man die Räumlichkeiten in der Egenolffstraße im Frankfurter Nordend betritt, wähnt man sich im wahrsten Sinne des Wortes in einem Salon. Man taucht ein in eine Oase aus Farben und Formen. Dass man hier in einem Friseursalon ist, verrät erst mal nichts. Statt über die übliche Friseureinrichtung wandert das Auge über filigrane Tischchen mit herrlichen Blumenarrangements, kleine Spiegel und Möbel aus den 30er und 40er Jahren. Anstelle von Umhängen und Friseurwerkzeugen findet man feines Porzellan und schöne Gläser auf den Tischen.

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Tatsächlich stehe ich im Salon von Oliver Scheuermann, einem der renommiertesten Friseure Frankfurts. Wir haben uns verabredet, um über sein Konzept und seinen Werdegang zu sprechen. Wer ihn schon länger kennt, aber zum ersten Mal hier ist, wird sich sicherlich wundern, denn der Kontrast zum Swan’s, Olivers Megaprojekt auf der Goethestraße, ist augenscheinlich. Das hatte einmal der Höhepunkt seiner Karriere werden sollen. Tatsächlich hat es ihn nachhaltig enttäuscht – und ihn in den Salon in der Egenolffstraße geführt. Gegen das Konzept von damals wirken die Räume hier sehr geerdet – Paradise „down to earth“. Und so erscheint auch der Meister selbst: Ruhig, entspannt, angekommen, in sich ruhend. Wer Bilder von damals und von heute vergleicht, kann kaum glauben, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Wie es zu dieser Metamorphose gekommen ist, was es mit dem Salon im Nordend auf sich hat und wie Oliver Scheuermann sich heute sieht, darüber habe ich einen Nachmittag lang mit ihm geplaudert.

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Cala: Oliver, dieser Eindruck, dass du inzwischen „angekommen“ bist, ist der richtig, oder täuscht das?

Oliver Scheuermann:
Das stimmt auf jeden Fall. Das hier ist meine 5. Station. Und zum ersten Mal habe ich mein Glück nicht darin gesucht, weiter zu expandieren, sondern bin ganz bewusst zu den Wurzeln zurück gegangen, zu dem, was mir Spaß, was mich glücklich macht. Davor hatte ich die fixe Idee, dass man immer größer werden muss, um erfolgreich zu sein. Und diesen Erfolg habe ich auch irgendwie mit Glück verwechselt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ein Konzept mit 30 oder 40 Leuten zwar funktioniert und dass ich das auch kann, dass es mir aber überhaupt keinen Spaß macht.

Cala: Siehst du dich denn nicht als Führungspersönlichkeit?

OS: Das würde ich gar nicht mal so sagen. Möglicherweise bin ich das, aber es macht mir einfach keinen Spaß. Ich liebe die Arbeit am Kunden, ich bin gerne Gastgeber und mag das Kreative an meiner Arbeit. Ich kann wirklich sagen, dass ich meinen Beruf liebe und das „Material“ Haar mag. Ich meine: ich hatte wirklich alles, was ich mir gewünscht hatte, ich war mit einem tollen Salon in einer Seitenstraße der Goethestraße, wo ich immer hinwollte. Ich hatte immer gedacht: Wenn ich da mal bin, dann habe ich es geschafft. Dann war ich dort und hatte überhaupt nicht das Gefühl angekommen zu sein. Auch die Energie in der Stadt hat mir nicht gefallen. Daraufhin habe ich meinen Mut zusammengenommen und bin aus dem Konzept ausgestiegen.

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Cala: Und wie kam es dann zur Renaissance hier?

Oliver: Das ist eine skurrile Geschichte, aber sie stimmt wirklich: Ich ging mit meinem damaligen Hund spazieren und hing meinen Gedanken nach, wie es weitergehen sollte. Plötzlich zog er mich in eine Richtung, in die wir sonst nicht gingen. Ich bin ihm gefolgt und stand plötzlich vor dem leerstehenden Laden. Ich wusste sofort: das ist meins. Und ich wusste auch, dass ich hier ganz bewusst allein arbeiten wollte, ohne Assistenten, nur ich. Das habe ich dann umgesetzt. Und ich hatte von Anfang an wirklich viel zu tun, meine Kunden sind mir gefolgt, deshalb arbeite ich heute hier auch wieder mit einer Assistentin, die im Service hilft und im Farbbereich mit mir arbeitet. Mehr Mitarbeiter möchte ich aber nicht haben. Im Kosmetikbereich arbeite ich mit einer professionellen Make-Up-Artistin zusammen. Sie kommt für Einzelberatungen in den Salon, um den Leuten zu zeigen, wie sie sich schminken können. Was ich auch anbiete, sind Fön- und Hochsteckkurse – allerdings nur in Einzelterminen.

Cala: Was macht den Unterschied zu früher?

Oliver: Es geht jetzt wieder um das, worauf es eigentlich ankommt: sich ausschließlich auf die Kundin zu konzentrieren, die vor mir sitzt und nicht durch andere Kunden oder Kollegen abgelenkt zu sein, ist ein enormer Gewinn. Es gibt hier keine Hektik, keinen Stress. Die Zeit, die ich für die jeweilige Kundin einplane, kann ich ihr auch geben. Das ist ein ganz anderes Verhältnis – nicht nur was das Arbeiten betrifft. Man führt auch andere Gespräche, alles ist persönlicher und privater, fast wie ein Besuch zu Hause.

 

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Cala: So fühlt man sich ja auch beinahe – als ob man zu dir nach Hause kommt.

Oliver: So soll es auch sein. Mein erster Impuls, als ich beschlossen hatte, mich zu verändern war, dass es mir am liebsten wäre, die Kunden kämen zu mir nach Hause.
Ich hatte keine Lust mehr auf „Friseursalon“. Dieses typische Tür-Auf-Tür-Zu-Tagegeschäft wollte ich nicht mehr.

Cala: Hättest du dir das denn wirklich vorstellen können? Die Kunden bei dir zu Hause zu empfangen?

Oliver: Ja, im Prinzip schon, das hätte ich tatsächlich gerne gemacht, das war aber nicht umsetzbar. Allein schon, weil meine Privaträume ja keine Gewerberäume sind. Aber dieses Lebensgefühl wollte ich auf jeden Fall realisieren. Deshalb habe ich hier in der Egenolffstraße auch ganz konsequent und authentisch die Philosophie umgesetzt, die ich auch selber lebe – keine Klatsch- und Tratsch-Zeitschriften, alles Bio von den Pflegeprodukten bis zu den Putzmitteln, vegane Produkte, wenig oder keinen Verpackungsmüll zu produzieren usw. – eben ein System, das ökologisch nachhaltig ist.

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Cala: Das klingt  fast zu schön um wahr zu sein.

Oliver: Ist es aber. Für alles was wir machen, suchen wir immer den schönsten Weg, übrigens auch beim Färben. Unsere Produkte sind allesamt organisch, biologisch – auch die Kosmetik ist giftfrei.

Cala: Apropos Farbe – das ist ja eine typische Frisördienstleistung. Wie ist deine Philosophie?

Oliver: Chemische Veränderungen sollen nicht nach Farbe aussehen sondern absolut natürlich sein. Natürlichkeit ist mir überhaupt sehr wichtig.

Cala: Und neben dem klassischen Angebot verkaufst du ja im Salon auch Accessoires – was hat es damit auf sich?

Oliver: Ich möchte meinen Kundinnen gerne auch Persönliches nahebringen, z.B. spezielle Schmuckstücke – ich finde, zu einer schönen Frisur gehört ein schöner Ohrring. Natürlich schaue ich hier auch immer ganz gezielt, was ich meinen Kundinnen anbieten kann. Was ist international interessant? Welcher Schmuckdesigner ist gerade besonders gefragt? Das sind immer ausgesuchte Besonderheiten von kleinen und großen Labels – das kann ein Schmuckstück von Dior genauso sein wie jeder andere hochwertige Designer mit Rang und Namen, oder auch angesagte kleinere Labels. Mit den Schmuckstücken hole ich mir immer auch ein bisschen Fashion in den Salon.

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Cala: Und wer ist deine typische Kundin?

Oliver: Die Kundin, die zu mir in den Salon kommt, ist eine Frau, die Wert legt auf gepflegte Haare, ein Frau, die einen Anspruch an ihr Äußeres hat. Zu mir kommen auch Kundinnen, die die Salonhektik nicht wollen, sondern runterkommen möchten, sich gezielt eine Auszeit, einen kleinen Urlaub gönnen wollen. Sie sitzen hier bei einem schönen Tee mit einem veganem Cupcake, nehmen sich Zeit für sich.

Cala: Alles hier ist von Schönheit und Ästhetik geprägt. Gibt es für dich so etwas wie eine Definition von Schönheit? Wann ist eine Frau in deinen Augen schön?

Oliver: Eine schöne Frau ist eine Frau, die auf sich achtet, die gepflegt ist. Es ist nicht wichtig, dass jemand modisch ist, aber ich will sehen, dass jemand Wert auf sein Äußeres legt. Sicherlich sagt man zu Recht, dass Schönheit von innen kommt, aber wenn es außen total chaotisch aussieht, kann man von der inneren Schönheit oft auch nicht viel erkennen… Ich mag es auch, wenn jemand Lebensfreude ausstrahlt – das kann schon ein auffälliger Lippenstift sein, der die Persönlichkeit unterstreicht. Ich finde selbstbewusste Frauen schön, man muss sich nicht hinter seiner Persönlichkeit verkriechen. Schönheit selbst ist ja immer sehr subjektiv. Ich persönlich z.B. liebe lange Haare, sie sind für mich ein Ausdruck von Weiblichkeit – was aber nicht bedeutet, dass eine Frau mit Kurzhaarschnitt automatisch an Weiblichkeit verliert – ganz im Gegenteil.

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Cala: Das ist ein spannendes Thema denn die Frage nach dem richtigen Haarschnitt und der richtigen Haarlänge beschäftigt ja viele Frauen sehr… Wie berät man da richtig?

Oliver: Ich habe ein gutes Gespür dafür, was zu jemandem passt. Es kann sein, dass eine Kundin mit langen Haaren kommt und ich sehe sie mit einer Kurzhaarfrisur, weil vielleicht ihre Persönlichkeit damit viel besser zum Ausdruck kommt. Trotzdem darf dieses persönliche Gefühl natürlich niemals die Beratung dominieren. Ich sage, was ich denke, aber ich höre auch zu, denn am wichtigsten ist es ja, dass die Kundin sich in ihrer Persönlichkeit bestätigt fühlt. Was ich in ihr sehe, kann spannend und hilfreich sein, aber es ist letztendlich nicht ausschlaggebend.

Cala: Kommt es denn vor, dass eine Kundin sich spontan zu einem radikalen Typwechsel entscheidet?

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Oliver: Auf jeden Fall. Ich hatte mal eine Kundin, die hatte wunderschöne braune dicke Haare, den ganzen Rücken herunter – Haare, wie sie sich jeder wünscht. Es kam dazu, dass wir darüber sprachen, die Haare farblich zu behandeln und sie blätterte ein bisschen in Zeitschriften. Plötzlich schlug sie eine Kurzhaarfrisur auf. Ich beobachtete das und sprach sie an, weil ich das Gefühl hatte, das wäre jetzt genau das richtige. Sie zögerte keine drei Sekunden und sagte „Wieso nicht?“ Wir haben uns beide drauf eingelassen und das Ergebnis war so der Wahnsinn, dass die Kundin später richtig selbstverliebt vor dem Spiegel stand. Als sie wiederkam, berichtete sie, dass sie eine unglaubliche Freude an ihrer neuen Frisur und sich selbst habe, überall Komplimente bekomme. Sie hat sich selber wieder neu entdeckt, trägt Kleider, von denen sie nie gedacht hätte, dass das passt. Tatsächlich kann eine Kurzhaarfrisur die Weiblichkeit sehr stark unterstreichen.

Cala: So was ist aber sicherlich für dich auch immer ein Wagnis, oder?

Oliver: Nein. Nach so viel Praxis, weiß ich sehr genau, was ich tue – die Zeiten, in denen ich dann Herzklopfen bekam, sind eindeutig vorbei. Außerdem höre ich nie auf, bevor das Ergebnis nicht wirklich perfekt ist. Ich vertraue mir da blind.

Cala: Niemals Zweifel?

Oliver: Nein, ich zweifle an solchen Entscheidungen wirklich gar nicht mehr. Dazu bin ich mir inzwischen viel zu sicher, in dem, was ich tue. Selbstverständlich arbeitet man immer mit Feingefühl – denn die Kundin muss sich selber erkennen und mögen, es geht ja nicht darum, dass sie mir gefällt. Aber auch diesbezüglich bin ich sehr selbstbewusst geworden und vertraue mir da so, dass ich mir sicher bin. Und mehr noch – ich denke, dass sich auch meine Kundinnen auf mein Gespür absolut verlassen können.

Cala: Kommen denn auch Männer in den Salon?

Oliver: Ja, aber nur ganz wenige. Hauptsächlich sind unseren Kundinnen weiblich.

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Cala: Ich würde gerne noch mal auf deinen beruflichen Werdegang zurückkommen, denn das ist ja eine sehr spannende Geschichte. Erzählst du deine persönliche Entwicklung bis hierher? Magst du über die Vergangenheit überhaupt sprechen?

Oliver: Damit habe ich gar kein Problem. Alles fing damit an, das ich durch einen Zufall im Frisör-Beruf gelandet bin. Eigentlich wollte ich eine Ausbildung als Dekorateur machen, das hat sich aber aus verschiedenen Gründen zerschlagen. Eine sehr gute Freundin hat mich dann überredet, mit ihr zusammen eine Ausbildung in einem Frisörsalon zu machen. So fing das alles an. Die Ausbildung dort habe ich dann allerdings abgebrochen und bin zu meiner Tante gegangen, die selbständige Frisörin war und einen Salon in Bad Vilbel hatte. Dort habe ich meine Ausbildung abgeschlossen. Diese Tante hatte einen zweiten Salon in Frankfurt, in den ich nach der Ausbildung versetzt wurde und den ich aus privaten Gründen dann schon mit 20 übernommen habe. Ich bin also schon seit 25 Jahren selbstständig.

Cala: Dann kennst du also das Gefühl auch gar nicht, irgendwo angestellt zu sein?

Oliver: Nein, überhaupt nicht. Ich war immer mein eigener Herr. Im Frankfurter Salon habe ich dann auch relativ schnell das alte Team verabschiedet und ein neues zusammengestellt. 10 Jahre blieb ich an diesem Standort, dann war ich der Meinung, dass wir inzwischen zu speziell und zu gut waren, um weiter in der hinteren Reihe zu arbeiten. Ich fand, dass wir gesehen werden mussten. Es folgte der Umzug auf die Berger Straße und von dort ging die Reise weiter. Als mir eine Kundin anbot, mit ihr zusammenzuarbeiten, um ein großes Konzept im Holzhausenviertel zu realisieren, wollte ich erst nicht. Dann konnte ich aber nicht widerstehen – die Idee war einfach zu verlockend. Es ging um ein ganz großes Haus – auf 800 Quadratmetern fand man alles unter einem Dach, was das Herz begehrt – Kosmetik, Massage, Beauty, Friseur, Ayurveda, Maniküre, Pediküre usw. – das ganze war praktisch ein wie ein Day-Spa, etwas, das es zu dieser Zeit – wir reden vom Jahr 2000 – in Deutschland so eigentlich noch gar nicht gab. Und mit diesem Konzept sind wir schließlich gemeinsam in eine Seitenstraße der Goethestraße umgezogen. Da hatte sich dann sozusagen der Kreis geschlossen, mein Traum hatte sich erfüllt.

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Cala: Was ist passiert, dass du das aufgegeben hast?

Oliver: Ich habe ziemlich schnell festgestellt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Heute sage ich immer: Man muss aufpassen, was man sich wünscht – es ist gar nicht immer ist das richtige für einen…

Cala: Wie meinst du das genau?

Oliver: Naja, meine berufliche Entwicklung war ja wirklich genau so, wie ich es mir immer erträumt hatte. Ich kann also nicht behaupten, dass ich nicht das bekommen hätte, was ich mir gewünscht habe. Umso schlimmer war es, dass ich ganz schnell merkte, dass das nicht die Art ist, wie ich arbeiten will – der schöne Schein macht einen nicht glücklich. Die Kundinnen waren glücklich – ich nicht.

Cala: Aber steckte in dem Konzept nicht auch sehr viel Herzblut?

Oliver: Ja natürlich. Und es war auch sehr, sehr viel Geld investiert worden, das darf man auch nicht vergessen. Die Villa war komplett im Stil der 30er Jahre eingerichtet mit schwarzen Klavierlacktischen, Trompe-l’Oeil-Tapeten, schwarzem Teppich auf der Holztreppe und so weiter – wir wollten die besten und teuersten in ganz Deutschland sein. Allein die Maniküre kostete schon 45,00 €.

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Cala: Und was genau hat dich dort so unglücklich gemacht?

Ich habe z.B. festgestellt, dass mir die Kosmetikwelt nicht liegt – das war mir alles zu klinisch. Ab der 2. Etage kam ich mir vor, als würde ich in einem Krankenhaus arbeiten. Dann habe ich mich auch in der Rolle des Großunternehmers überhaupt nicht wiedergefunden, der vor allem die Personalführung macht. Es war dann nicht nur so, dass es mir keinen Spaß machte, ich fühlte mich auch irgendwann schlichtweg überfordert. Plötzlich ging es nicht mehr darum, wie man kreativ arbeitet, sondern vor allem darum, welche Umsätze man macht. Am Ende jedes Monats zu sehen, wie schwierig es ist, das Konzept zu halten, fand ich extrem demotivierend. Ganz abgesehen davon, dass ich plötzlich alles nur noch als Stress empfand – selbst das Dekorieren des ganzen Hauses mit Blumen, was ich sonst eigentlich so gerne gemacht hatte, stresste mich irgendwann nur noch. Wir hatten unendlich viele Baustellen in einem Haus. Um das alles zu bewältigen, hätte ich ausschließlich als Geschäftsführer arbeiten müssen, aber nicht mehr am Kunden. Andererseits musste ich auch Umsätze machen, der Erfolg des Hauses hing ja auch an meiner Person. Die Kundinnen wollten von mir bedient werden, nicht von irgendwem.

Cala: So gesehen hört sich das wirklich eher nach einem Albtraum an…

Oliver: Ja, so war es auch. Plötzlich kämpfte ich an allen Fronten. Die Verlockung mit meinen Beruf viel Geld zu verdienen war wirklich sehr groß, was mir aber überhaupt nicht gefiel, war die Tatsache, dass das Geldverdienen dann irgendwann auch an erster Stelle stand – und das bin ich nicht. Es ging auch überhaupt nicht mehr um den Menschen, sondern nur noch um das Konzept selbst, darum, die Idee am Laufen zu halten.

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Cala: Bereust du also heute, dass du diesen Schritt gegangen bist?

Oliver: Oh, so würde ich das nicht sagen. Für meine persönliche Entwicklung war das eine ganz wichtige Zeit. Was auch toll war, waren die Reisen, das war wenigstens etwas, was richtig Spaß gemacht hat. Schade fand ich, dass nicht wirklich Zeit blieb, die Dinge gründlich zu reflektieren.

Cala: Könntest du dir denn vorstellen, irgendwann wieder ein Projekt dieser Dimension anzugehen?

Oliver: Ich glaube nicht. Diesen gewaltigen Druck möchte ich nicht mehr. Ich brauche Freiheit und möchte nicht mehr gefangen sein in einem System. Im Moment ist mein Ziel eher, die schönen Räume hier noch mehr zu nutzen, z.B. durch private Dinner.
Mein Kopf ist voll mit kreativen Ideen und hier bin ich frei, sie umzusetzen. Ich kann  die Räume verändern, wenn ich will, kann mich jederzeit anders darstellen, wenn ich mich ausleben möchte. In diesen Räumen bin ich angekommen, das ist mein Zuhause. Und das meine ich nicht nur in beruflicher Hinsicht – hier bin auch bei mir selbst angekommen. Ganz abgesehen davon habe ich heute auch wieder eine Work-Life-Balance – und das war für mich ein ganz wichtiges Ziel.

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Cala: Das heißt, du hast dich durch den Laden auch selber verändert?

Oliver: Natürlich und das war ja auch so gewollt. Ich bin viel gelassener und ruhiger geworden, weil ich dem Stress und der Hektik nicht mehr ausgesetzt bin. Ich habe den Vormittag für mich, bin ab 12 entspannt im Laden. Ich möchte nicht mehr dieses gewaltige Hamsterrad drehen müssen. Beruf und Arbeit ist nicht alles, ich gebe alles in der Zeit, in der ich hier bin, aber meine Freizeit ist mir auch wichtig. Ich habe gelernt, nein zu sagen, wenn es für mich besser ist. Ich habe verstanden, dass ein Nein auch ein angenehmes Ja sein kann. Heute steht der Spaß an der Arbeit für mich an allererster Stelle

Nach den 5 Jahren, in denen ich jetzt hier bin, bin ich glücklicher als je zuvor.
Außerdem habe ich ja unbewusst eine Nische besetzt. Ich freue mich sehr, dass immer mehr Kundinnen kommen, die aus Überzeugung vegan leben und einen passenden Frisör suchen. Sie wissen die Art, wie wir arbeiten, ganz besonders zu schätzen.

 

Info:
Oliver Scheuermann Frisuren
Egenolffstraße 38
60316 Frankfurt am Main
tel: 0152-54 76 25 16
www.oliverscheuermann.de

Ein Haarschnitt bei Oliver Scheuermann kostet 95 €, Farbe gibt es ab 60 €.
Für einen Crashkurs Haare föhnen & Hochstecken bezahlt man pro Stunde 95 €. Neukunden sind immer willkommen – Oliver hält immer Kapazitäten für neue Kundinnen frei. Termine werden jedoch nur nach telefonischer Vereinbarung vergeben.

Übrigens: Am 29. Juli und 12. August sind wir mit Cala kocht im Salon von Oliver Scheuermann zu Gast. Wir reichen Fingerfood und zeigen eine Auswahl unserer Produkte. Wer Interesse hat zu kommen, mailt bitte an info@cala-kocht.de.

(c) Text & Fotos: Carmen-Daniela Leuschen für Cala kocht, Juli 2016

 

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